Im Rahmen der 112Rescue, der neuen Fachmesse für Brandschutz, Rettungswesen, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz in Dortmund, hat das Kompetenznetz Sicherheitsforschung die „Tage der Sicherheitsforschung“ durchgeführt. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss von Sicherheitsforschenden und wurde auf der vfdb-Jahresfachtagung 2022 in Würzburg aus der Taufe gehoben. Es dient dem Austausch, speziell im Umfeld der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr. Hinter dem Netzwerk stehen organisatorisch der VdF NRW, die vfdb, der AK Forschung der AGBF NRW sowie das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN). Aktuell gehören 44 Mitgliedsorganisationen dem Netzwerk an.
Die Organisation der „Tage der Sicherheitsforschung“ war eine Gemeinschaftsarbeit des Fachausschuss Forschung im VdF NRW und der THGA Bochum, dessen wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Bodo Bernsdorf dem Fachausschuss aktuell vorsitzt. Die Messe Dortmund unterstütze die Sicherheitsforschenden mit der kostenfreien Bereitstellung einer technisch perfekt ausgestatteten, großzügig bemessenen Veranstaltungsfläche. Diese war strategisch hervorragend in die Messe integriert und konnte im Rahmen des Messebesuchs frei zugänglich aufgesucht werden.
(c) FZN/Haske
Eröffnet wurde die Fachtagung von Prof. Dr. Tobias Rudolph, Experte für Drohnen- und satellitenbasiertes Geomonitoring und Georisiko-Analysen am FZN. Im Anschluss hielt Hartmut Ziebs eine Keynote, die spannende Einsichten in die aktuelle Lage der Gefahrenabwehr in Deutschland aufzeigte. Vor seiner Zeit als Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) agierte er lange Jahre als Bezirksbrandmeister im Regierungsbezirk Arnsberg und war auch zuständig für die Region um den Messestandort. Heute agiert Ziebs als Vorsitzender der Stiftung SafeInno. Die Eröffnung wurde mit einem Rückblick über das erste Jahr des Kompetenznetz Sicherheitsforschung sowie den aus der Starkregenkatastrophe 2021 abgeleiteten Gedanken zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess für Einsatzeinheiten abgeschlossen.
Über drei Tage verteilt, folgten gut besuchte Sessions mit hochwertigen Vorträgen. Einen großen Schwerpunkt nahmen die „Zukunftstechnologien“ ein. Die Session lieferte wichtige Impulse zu aktuellsten Fragestellungen in den Bereichen Algorithmik, Deep Learning, Künstliche Intelligenz oder (Geo-)Datenfusion sowie zu den Möglichkeiten, die Smart Home-Technologien bieten. Im Themenblock „Aktuelle Herausforderungen“ tauschten sich die Expert:innen über die Integration von Spontanhelfenden, die Personalbindung in Hilfsorganisationen, Gefahrenabwehrplanung oder das Gefahrenpotential von Lithium-Ionen-Batterien aus – mit besonders starkem Praxisbezug. Die Session „Umwelt und Hygiene“ setzte einen anderen wichtigen Fokus. Umweltveränderungen bezeichnen nicht nur Veränderungen, die ihren Ursprung in Klimaereignissen haben, sondern ebenfalls Veränderungen durch Schadstoffe, der die Umwelt und folglich auch die Einsatzkräfte ausgesetzt sind. Die Vorträge berichteten über wetterbedingte Gefahrenlagen, aber auch von der Nachsorge im Einsatz sowie der Dekontamination von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK).
Postersession
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine eigene Postersession am Freitagmittag: In neun Beiträgen aus der Wissenschaft konnten dem Publikum Projekte, Ideen und Ansätze – zusammengefasst auf den Postern der Forschenden – präsentiert werden. Hier kamen neue Sensoransätze etwa zur Methandetektion oder im Umfeld der Erkundung ebenso zur Sprache wie Georisiken oder satellitenbasierte Waldbrandindizes.
Anfangs von einer gewissen Unsicherheit begleitet kann rückblickend von einem Erfolg dieser ersten Veranstaltung gesprochen werden. Die große Themenbandbreite zeigt die Vielfalt aktueller Forschung im Bereich der Gefahrenabwehr auf. Auf einer Messe, die im Wesentlichen auf die Präsentation von „Hardware“ wie Fahrzeugen, Werkzeugen, Bekleidung oder sonstiger „begreifbarer“ Ausstattung ausgelegt ist, konnte nicht unmittelbar davon ausgegangen werden, dass ein entsprechendes Interesse an komplexen, forschungsorientierten Themen besteht. Doch Teilnehmendenzahlen zwischen 25 und in Spitzenzeiten über 60 Zuhörenden belegen, dass Einsatzkräfte im Feuer- und Katastrophenschutz eine Affinität für Forschungsansätze haben, die zukünftig zur Verbesserung des Einsatzgeschehens beitragen sollen. Die Diskussionsbeiträge aus dem Auditorium zeigten das große Interesse.
(c) FZN
Wie geht es weiter:
Die Präsentationen sind, sofern die Autor:innen zugestimmt haben, im Programm eingepflegt worden und stehen Interessierten hier zur Verfügung.
Aktuell schreiben die Autor:innen die jeweiligen Textversionen zu ihren Beiträgen. Diese werden einem sogenannten „Peer-Review“ unterzogen, in dem qualifizierte Gutachter:innen die wissenschaftliche Wertigkeit interaktiv mit den Autor:innen sicher stellen. Der Peer-Review-Prozess erfolgt derart, dass jeweils ein Gutachter / eine Gutachterin aus dem Autor:innen-Kollektiv stammt, ein / eine zweite von extern, etwa aus dem wissenschaftlichen Komitee der Veranstaltung. Dies stellt sicher, dass einerseits Erfahrungen mit der Veranstaltung selbst, aber auch mit der Intention zur Veranstaltung eingebracht werden, sodass diese im Fokus bleibt.
Ziel ist es, im Herbst 2023 einen Open Access-Tagungsband zu publizieren, in dem die Artikel und Poster mit einem Document Object Identifier (DOI) versehen recherchierbar werden und der Wissenschafts-Community zur Verfügung stehen. Beides – die Ausrichtung einer hochwertigen Vortragsveranstaltung und die Etablierung eines Peer-Reviewed Open Access Magazins – sind Ziele, die mit der Gründung des Kompetenznetz Sicherheitsforschung verbunden sind.
Weiterführende Literatur
- BERNSDORF, B. (2022a): Kompetenznetzwerk Sicherheitsforschung.- in: Kurzartikel für vfdb – Sonderheft Feuerwehr forscht – Zeitschrift für Forschung, Technik und Management im Brandschutz, Juni 2022, S. 11. Online verfügbar unter: https://www.vfdb.de/media/doc/zeitschrift/Sonderheft_Forschung_2022.pdf
- BERNSDORF, B. (2022b): Gemeinsam forschen für eine sichere Zukunft – Das Kompetenznetzwerk Sicherheitsforschung.- in: FEUERWEHReinsatz:nrw 10/2022, Verbandszeitschrift des Verbands der Feuerwehren Nordrhein-Westfalen (VdF NRW), S. 3-7.