3 Fragen an

Prof. Dr. Christian Melchers

Prof. Christian Melchers will das Grubenwasser in stillgelegten Zechen kontrolliert ansteigen lassen. Er ist überzeugt: Nur wenn die Pumpen unter Tage irgendwann abgeschaltet werden, kann in einstigen Bergbaulandschaften der Wasserhaushalt naturnah neu gestaltet werden.

Im Nachbergbau wird häufig von Ewigkeitslasten gesprochen. Sie verwenden lieber den Begriff Ewigkeitsaufgaben. Warum?

Prof. Dr. Christian Melchers: Lasten trägt man, Aufgaben kann man lösen. Bezogen auf die Bergbauregionen an Saar, Ruhr und in Ibbenbüren heißt das für uns vor allem, das Wassermanagement in den geschlossenen Gruben nachhaltig zu gestalten. Dauerhaft Millionen Liter Grubenwasser aus großen Tiefen an die Oberfläche zu pumpen, wie wir es momentan tun, ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Benutzt man das Wort Aufgabe, wird auch das Wort Ewigkeit überschaubarer. Niemand kann Ewigkeit wirklich definieren. In der Wissenschaft, sind wir es gewohnt, ständig kritisch zu hinterfragen und immer wieder neu zu denken.

Warum schließen die Bergwerksunternehmen nicht einfach die Zechentüren und warten ab, was zum Beispiel mit dem Grubenwasser passiert?

Prof. Dr. Christian Melchers: Im Ruhrgebiet leben mehr als fünf Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der Kommunen sind vom Bergbau und seinen Folgen betroffen. Außerdem müssen hohe Umweltschutzauflagen erfüllt werden. Da kann man nicht einfach die Türen zu machen und gucken, was passiert. Wir wollen verstehen, welche Prozesse unter Tage ablaufen.  Und wir müssen individuelle Lösungen finden, um die Ansprüche der Menschen und der Umwelt in Einklang zu bringen. Aus wissenschaftlicher Sicht spricht vieles dafür, den Grubenwasserspiegel kontrolliert ansteigen zu lassen, weil dadurch einerseits die Qualität des Wassers steigt und andererseits die zu pumpende Menge sinkt. Natürlich nur bis auf ein Niveau, auf dem mit Sicherheit keine Trinkwasserreservoirs beeinträchtigt werden. Das wird in anderen Regionen weltweit, aber auch in unserer Nähe, etwa in Frankreich oder auch in Sachsen, schon immer so gemacht.

Sie lernen also durchaus von anderen Regionen. Dennoch ist das FZN die weltweit einzige Einrichtung dieser Art. Was können bergbautreibende Länder von Ihrem Team für die Zukunft lernen?

Prof. Dr. Christian Melchers: Als Industriegesellschaft kommen wir auch künftig nicht ohne Rohstoffabbau aus. Aber die Akzeptanz wird weltweit daran gemessen werden, wie Unternehmen mit den Hinterlassenschaften umgehen. Wo Unsicherheit herrscht, wird Gefahr vermutet. Unternehmen brauchen Analysen, um realistisch die Konsequenzen abschätzen zu können und darüber mit Entscheidungsträgern und Betroffenen sprechen zu können. Am FZN erstellen Fachleute aus Bergbau, Geologie und Geotechnik, Hydrogeologie und Markscheidewesen sogenannte Mine-Life-Cycle-Analysen. Und auch wenn wir in erster Linie die Steinkohlereviere an der Ruhr, der Saar und in Ibbenbüren erforschen, lässt sich dieses Know-how auch auf andere Regionen weltweit übertragen. Wir wollen unser Wissen nicht archivieren, sondern verfügbar machen. Das ist Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung.

Vita – Prof. Dr. Christian Melchers
Prof. Dr. Christian Melchers ist stellvertretender Leiter des Forschungszentrums Nachbergbau, das er seit 2012 mit aufgebaut hat. Als Professor für Geoingenieurwesen und Nachbergbau beschäftigt er sich mit dem als Methan bekannten Grubengas, mit der Dichteschichtung von Wasser, mit hydraulischen Barrieren und Grubenwasser-Anstiegsprozessen in den stillgelegten Bergbauanlagen an der Saar, der Ruhr und in Ibbenbüren.