3 Fragen an

Prof. Dr. Tobias Rudolph

Die vierte Dimension des Bergbaus –
Mit Hilfe von Daten aus dem All, von der Erdoberfläche und aus den Tiefen der Bergwerke erstellt Tobias Rudolph dreidimensionale Abbildungen von Lagerstätten. Manchmal puzzelt er auch in 4D – dann kommt die Zeitkomponente hinzu.

Puzzeln Sie gern?

Prof. Dr. Tobias Rudolph: Ja, das ist quasi mein Beruf. Als Geologe mit Schwerpunkt Geomonitoring setze ich aus verschiedenen Einzelkomponenten ein Gesamtbild zusammen. Zum Beispiel von einer Landschaft, die durch Bergbau verändert wurde. Ich sammle Daten in Nachbergbaugebieten, aus denen dann methodische Ansätze entstehen, die zum Beispiel bei neu aufzufahrenden Bergwerken genutzt werden. Mit den Erkenntnissen aus der Vergangenheit und Gegenwart können dafür notwendige Eingriffe in den Naturraum zukünftig auf ein Minimum reduziert werden. Zudem trennt man Bergbau heute möglichst von Siedlungsflächen. Wir haben im Ruhrgebiet gelernt, wie aufwändig die Sicherung der Altbergwerke ist.

Wie kommen Sie an die Daten?

Prof. Dr. Tobias Rudolph: Um die Beeinflussung der Natur durch den Bergbau in postmontaner Zeit zu begreifen, nutzen wir ein Set aus Überwachungsmethoden. Wir sammeln die Daten unter der Erde, auf der Erde und über der Erde. Ein Beispiel: Pflanzen reagieren sensibel auf schnelle Bodenbewegungen, weil sie dann zum Beispiel plötzlich nasse Füße bekommen und die Blätter dadurch braun werden. Sie verändern sich auch durch austretendes Gas. Die Beobachtung der Natur ist also ein wichtiges Monitoring-Instrument. Oder Satellitenbilder. Wir vergleichen die engmaschig entstandenen Bilder und können daraus millimetergenau berechnen, ob sich der Boden absenkt. Diese drei räumlichen Dimensionen setzen wir in Beziehung mit der vierten Dimension, der Zeit, und modellieren daraus Lagerstättenabbildungen oder Landschaftsformationen, um die Bewegungen darin besser zu verstehen.

Warum sollten junge Menschen Nachbergbau studieren?

Prof. Dr. Tobias Rudolph: Als Spezialist für Nachbergbau verbinde ich das Gestern mit dem Heute und Morgen. Geomonitoring ist ein Feld für Menschen, die neueste Technik schätzen. Auf der einen Seite nutze ich historische Aufzeichnungen aus dem Bergbau, auf der anderen Drohnen mit modernster Sensorik, Tiefseesonden mit selbstheilenden Kabeln und neuerdings sogar künstliche Intelligenz, um die Daten aus der Vergangenheit in die Zukunft zu übertragen. Geomonitoring ist eine Grenzüberschreitung im eigentlichen Wortsinn. Ich bin ein Grenzgänger, also jemand, der die Grenzen abschreitet oder eben auch überschreitet.

Vita – Prof. Dr. Tobias Rudolph
Prof. Dr. Tobias Rudolph hat seit April 2019 die Stiftungsprofessur für Geomonitoring im Alt- und Nachbergbau an der THGA. Mit Hilfe von Daten, die unter, auf und über der Erde gesammelt werden, modelliert er zum Beispiel 3D-Abbildungen von Lagerstätten. Diese Modelle machen die Gegebenheit vor Ort verständlicher und sie helfen, das Risikomanagement im Ruhrgebiet zu verbessern.