NRW ist ein Nachbergbauland: Besonders im Ruhrgebiet und im Rheinischen Revier hat der intensive Rohstoffabbau seine Spuren hinterlassen. „Wenn Bergbau geht, bleiben Herausforderungen wie Bodenbewegungen, große Tagebauseen, stillgelegte Orte der Industriekultur oder die sogenannten Ewigkeitsaufgaben. Gleichzeitig ergeben sich aber auch viele Chancen zur Neugestaltung der Region“, sagt Prof. Dr. Christian Melchers, Leiter des Forschungszentrums Nachbergbau (FZN) an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA). Wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den Hinterlassenschaften des Bergbaus gelingt, stand jetzt im Fokus der Fachtagung „NACHBergbauzeit in NRW“ am 30. März 2023 an der THGA. Unter dem Titel „Geomonitoring – Zu Wasser, zu Land und aus der Luft“ kamen in Bochum rund 300 Expertinnen und Experten zusammen, um sich über innovative Methoden auszutauschen.
Eröffnen gemeinsam die NACHBergbauzeit in NRW 2023 (v.l.n.r.): Prof. Dr. Peter Goerke-Mallet, Andreas Welz, Leiter der Abteilung 6 der Bezirksregierung Arnsberg, Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung, Ulrich Wessel, Geschäftsführer der Hochschul-Trägergesellschaft DMT-LB, Prof. Dr. Christian Melchers und Prof. Dr. Tobias Rudolph vom Forschungszentrum Nachbergbau der THGA. ©THGA/Holger Jacoby
Denn wenn es darum geht, Bergbaufolgen zu überwachen, kommt jede Menge Hightech ins Spiel: von der Tiefseesonde im Untergrund über Spezialdrohnen in der Luft bis zum Satelliten, der Bodenbewegungen oder Veränderungen im Wasserhaushalt und in der Vegetation sichtbar machen kann. „Damit leisten wir auch einen wichtigen Beitrag, den Klimawandel im Detail besser zu verstehen und die sogenannte ‚blaugrüne Infrastruktur‘ sinnvoll zu gestalten – mit dem Wissen aus dem Nachbergbau“, sagt Prof. Melchers. Im Vortragsprogramm gingen die Referentinnen und Referenten darauf ein, welche Monitoring-Methoden sich am besten eignen und wie sie sich sinnvoll kombinieren lassen.
Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung und Hochschulratsvorsitzende der THGA, richtete sich in ihrem Grußwort besonders an die Studierenden im Saal: „Über Ihre Teilnahme an der Tagung freue ich mich ganz besonders. Ihr Interesse am Thema Nachbergbau ist für uns als RAG-Stiftung, aber auch für mich ganz persönlich, Antrieb und Motivation für die langjährige Förderung und Unterstützung der THGA und des Forschungszentrums Nachbergbau. Wir brauchen auch künftig gut ausgebildete Experten für die Themen, die wir im Rahmen der heutigen Tagung diskutieren. Dass Sie sich für ein Studium in den Ingenieurwissenschaften entschieden haben, zeigt, Sie wollen an der Gestaltung einer neuen, grünen Zukunft mit anpacken. Beim nachhaltigen Umgang mit Georessourcen und dem Wassermanagement in den ehemaligen Bergbauregionen ist das Know-how aus dem Nachbergbau immens wichtig und auch künftig sehr gefragt.“
Prof. Dr. Christian Melchers will mit dem Wissen aus dem Nachbergbau einen Transformationsprozess anstoßen, der ehemalige Bergbauregionen klimafreundlich und sozialgerecht macht. ©THGA/Holger Jacoby
„Wir wollen mit unserer gemeinsamen Veranstaltungsreihe aber nicht nur Fachkreise erreichen. Wir haben das erklärte Ziel, Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit über Fragestellungen zum Nachbergbau in Nordrhein-Westfalen zu informieren und aktiv in laufende Diskussionsprozesse einzubeziehen“, sagt Andreas Welz, Leiter der Abteilung Bergbau und Energie in NRW der Bezirksregierung Arnsberg, bei der Begrüßung der Teilnehmenden. Als zuständige Bergbehörde ist die Bezirksregierung Arnsberg verantwortlich für eine Vielzahl von Bergbaufolgen und kümmert sich um das Risikomanagement in betroffenen Gebieten – allein in NRW müssen sich mehr als die Hälfte aller Kommunen mit den Hinterlassenschaften des Bergbaus auseinandersetzen.
Austauschen und Netzwerken stand bei den 300 Expertinnen und Experten im Mittelpunkt auf der NACHBergbauzeit in NRW. ©THGA/Holger Jacoby
Ein besonderes, kommunales Projekt, an dem auch viele Bürgerinnen und Bürger beteiligt waren, stellte Ralf Groß-Holtick von der Stadt Gronau vor: Der Stadtbaurat präsentierte die Ergebnisse aus der Forschungskooperation „Monitoring Epe“, bei der u.a. das Forschungszentrum Nachbergbau, die Stadt Gronau und die ortsansässige Bürgerinitiative in den letzten zwei Jahren eng zusammengearbeitet haben. Ihr gemeinsames Ziel: Der Aufbau einer langfristigen und passgenauen Überwachung in der geologisch besonderen Region rund um Gronau.
„Seit fast 50 Jahren wird hier intensiv Salz gefördert. Dabei sind große Hohlräume, die so genannten Kavernen, im Untergrund entstanden“, erklärt Prof. Dr. Tobias Rudolph vom FZN. In den meisten von ihnen wird inzwischen Erdgas, Erdöl oder Helium gespeichert. Gleich nebenan liegt eine Moorlandschaft, der Amtsvenn. „Diese spezielle Lage führt zu Bodenbewegungen und auch immer wieder zu Spannungen – nicht nur in den geologischen Strukturen selbst, sondern auch zwischen den Anwohnern, der Stadt und den verschiedenen Betreiberunternehmen.“ Die Forschungskooperation hat nun für mehr Transparenz zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gesorgt und soll in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Eine bleibende Herausforderung ist die Kommunikation der wissenschaftlichen Ergebnisse. Insbesondere in einem Umfeld, das durch persönliche Betroffenheit häufig emotional geprägt ist.
Bereits zum achten Mal führten die Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung Bergbau und Energie in NRW und die Technische Hochschule Georg Agricola, Forschungszentrum Nachbergbau die Fachtagung „NACHBergbauzeit in NRW“ in gemeinsamer Trägerschaft durch. Die nächste Veranstaltung der Reihe findet turnusmäßig im März 2025 statt.
Redaktion: Carmen Tomlik
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